Bär und Wolf brauchen wir nicht…

Unser Überleben, also das Überleben der Menschheit verdanken wir zu einem Teil jenen Beutegreifern wie Bär, Wolf, Luchs, Tiger und Löwe, welche schon vor uns die Erde bevölkerten. In Urzeiten schauten wir ihnen ihre Jagdtechniken ab, nutzten die Reste ihrer Beute und ihr Fell schützte uns vor Kälte. Politiker und ein kleiner Teil der Bevölkerung vertreten die Meinung: „Wir brauchen Bär und Wolf nicht!“, und fordern damit unmissverständlich deren Ausrottung in unserem Land. „Der Mensch geht vor! Kärnten wirbt als Tourismusland für Wanderlust, darf dabei aber nicht auf das Risiko durch Wildtiere vergessen“, echot es aus dem Drautal.

Bär und Wolf sind für Wanderer die geringsten Risiken, die Unterschätzung der alpinen Gefahren hingegen sorgen regelmäßig für Negativ- Schlagzeilen. Wir Österreicher haben mehrere internationale Artenschutzabkommen unterzeichnet und ratifiziert! Zwingend drängt sich der Gedanke auf, dass in Kärnten Machiavellismus betrieben wird. (Anmkg. des Red.: Bernardo di Niccoló Machiavelli, 1469 bis 1527, lebte in der Zeit Leonardo da Vincis in Florenz. Er war Politiker, Philosoph, Diplomat und Dichter und kreierte den Satz, welcher jeweils für den herrschenden Kaiser galt: „Zum Zwecke der Selbstbehauptung sind alle Mittel erlaubt.“ Das heißt: Die Obrigkeit braucht sich nicht an die Gesetze zu halten.) Wir allerdings leben im 21. Jahrhundert und haben zu dem zu stehen wozu wir uns verpflichtet haben – die Artenvielfalt zu schützen und zu fördern.

Trestertelemetrie

1884 vermutete man den letzten Bären Österreichs in den Gailtaler Alpen im Reißgraben aufgebracht und im Bärnztal erlegt zu haben. Jedoch Kärnten war bis heute nie Bären frei. Mit ca. 15 Braunbären wurden im Jahre 1991 bis 1994 der höchste Bestand von etwa 9 Wanderbären und sechs auch in Kärnten überwinternder Bären von Fachleuten bestätigt. Mindestens acht davon zigeunerten in den Gailtaler- und den Karnischen-Alpen herum. Damals durfte laut Jagdgesetz Trester für das Hochwild ausgebracht werden und es war ein Leichtes, die sogenannte „Trestertelemetrie“ anzuwenden. Seit dem Ausbringungsverbot dieses Obstabfallprodukts ist die Populationsdichte der Braunbären in diesem Raum sukzessive auf ca. vier Tiere geschrumpft. Davon verbringt aber nur ein einziges Exemplar auch den Winter in unserem Land. Man kann diese Tiere gut mit einer Wildtierkamera mit Wlan, Überwachungskamera mit Sim Karte oder Wildkamera mit Funk beobachten.

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Moderhinke, Darminfektionen und schlecht g‘schaut

Von 250 von Bär, Wolf oder Luchs angeblich gerissenen Nutztieren sind tatsächlich maximal 100 diesen Beutegreifern zuzuordnen. Telefonische Gutachten und Angaben der Landwirte führen zu solchen unglaublichen Ergebnissen. 2004 sind auf der Kirchbacher-Alm in den Sommermonaten insgesamt 16 Schafe an Darminfektionen und Infektionen durch die Moderhinke verendet und nur eines davon wurde nachweislich von einem Bären gerissen. Almhalter tragen die Verantwortung für das ihnen anvertraute Vieh und finden sie einen bereits von Raben, Adlern, Füchsen und Gänsegeiern genutzten Kadaver, dann wird er einem der Großprädatoren zugeordnet. Anfang der 90er Jahre wurden auf dem Dachsteinplateau, oberhalb von Ramsau in Steiermark, 19 Schafe von einem durchwandernden Braunbären gerissen. Sechs davon gab die ansässige Bauernschaft als tragende Zuchttiere an. Nachgewiesenermaßen handelte es sich dabei um Widder, welche vor dem Abtransport durch die Tierkörperverwertung bei einer Kontrolle entdeckt wurden. „Schlecht g‘schaut“, war die Erklärung des Bauernvertreters!

21 Menschen verloren durch Rehböcke ihr Leben

In einer Zeit von mehreren 100 Jahren hat es nicht einmal eine Scheinattacke auf Einheimische oder Touristen von Bären gegeben. Dagegen haben in den letzten 25 Jahren 21 Menschen durch Rehbock-Forchelungen (Aufspießen) ihr Leben verloren. Von Wolfsangriffen auf Menschen ist nicht einmal in Tänzerns Jagdgeschichten aus dem 17. Jhdt. die Rede. Wölfe, Bären und Luchse verfügen über ein ausgezeichnetes Wahrnehmungsvermögen und gehen ihrem ärgsten Feind, dem Homo sapiens, vorsorglich aus dem Weg. Als im Ötscher-Gebiet der WWF sein Bärenprojekt startete nahm der Tourismus in diesem Umfeld zu, bei uns aber werden plötzlich Ängste verbreitet. Der Yellowstone-Nationalpark registriert jährlich mehr als drei Millionen Besucher. Völlig frei leben dort die weitaus aggressiveren Grizzlys, Schwarzbären, Wölfe, Pumas, Bisons und Elche. Durch Letztere verlieren mehr Menschen ihr Leben in diesem Park als durch alle dort lebenden Beutegreifer zusammengenommen!

Abschussforderung für Zecken

32 Personen, darunter Landwirte, Jäger, Ornithologen, Lehrer, Journalisten und Almhalter haben mich unmittelbar nach der Aufforderung zur Abschuss-Freigabe von Bär und Wolf angerufen und um eine Stellungnahme gebeten. Einer meinte scherzhaft: „Können wir auch einen Abschuss für Zecken fordern?!“ Ein anderer: „Wenn es so weitergeht ebnen wir bald unsere Berge ein und bannen damit die Absturz- und Skiunfallgefahr!“ „Das reiche Land Österreich verlangt von Völkern in denen der Hungertod regiert, dass sie konfliktträchtige Tierarten wie Nashörner, Elefanten und Tiger schützen und wir gehen mit einem derart armseligen Beispiel voran?“, fragte ein Lehrer. „Mit den 2,2 Millionen Euro Baukosten, der umstrittenen Bärenbrücke bei Arnoldstein, hätte man sämtliche durch Wolf, Luchs und Bär entstandenen Schäden über 50 Jahre hindurch rasch und unbürokratisch abdecken können!“, entfährt es hinter vorgehaltener Hand einem ortsansässigen Politiker. Natürlich ist es für Schafhalter und Imker nicht leicht verursachte Schäden hinzunehmen. Allemal aber haben sie es leichter ihr Gut gegen Bären und Wölfe zu schützen als gegen Elefanten, Nashörner und Tiger.

Kein Grund unseren Unmut an diesen Tieren auszulassen

Man isst nie so heiß wie gekocht wird! Abwarten, die Forderung war sicher ein Schnellschuss! Prompt kam auch der Rückzieher! Völlig klar ist, dass die Regel „Mensch vor Tier“ gilt. Für mich und allen unseren Mitarbeitern von Respect to Wildlife galt immer: Verhaltensgestörte Prädatoren gehören abgeschossen und – keine künstliche Ansiedelung dieser Tiere. Für uns aber ist kein abnormes Verhalten weder von einem Bären, einem Wolf oder Luchs zu erkennen. Dass wir diesen ökonomisch jagenden Tieren ungeschützt Nahrung vorsetzen, kann man ihnen nicht anlasten. Dass Schäden nicht rasch abgegolten werden ist noch lange kein Grund, unseren Unmut an diesen Tieren auszulassen. Und dass die Jägerschaft die Schadens-Versicherungs-Beiträge bezahlt hängt damit zusammen, dass Bär, Wolf und Luchs zu jagdbarem, jedoch ganzjährig geschontem Wild zählen und somit dem Jagdrecht unterliegen.

Schädlings-Nützlings-Denken

Artenschutz ist heute Ausdruck eines neuen ökologischen Naturverständnisses und die Abkehr vom alten Schädlings-Nützlings-Denken. „Wir sollten nicht vergessen, dass alle Beutegreifer dasselbe wollen wie wir: Nahrung, soziale Ordnung, Frieden, Freiraum und eine zum Überleben geeignete, gesunde Umwelt“, schreibt der US Amerikaner Jim Brandenburg in seinem Buch „Bruder Wolf“.